Ihr sucht nach Erfahrungen mit dem Orbea Rallon? Dann seid ihr hier goldrichtig! Ihr habt noch nie von Orbea als Hersteller von Mountainbikes gehört? Auch dann lohnt sich das Weiterlesen, versprochen. Für mich kam der erste Kontakt mit den spanischen Individualisten bei der Vorstellung des neuen Specialized Stumpjumper. Horden von Forenschreiberlingen hatten hier nur eine Feststellung: Sieht aus wie das Rallon von Orbea. Und ich dachte mir nur: Wie das was? Von wem? In Kurzform: Das Orbea Rallon ist ein 29″ Endurobike mit 160MM Federweg an der Gabel und 150MM am Hinterbau. Soweit, so normal in der aktuellen Welt der Mountainbikes.

Zwei Besonderheiten des Orbea Rallon:

Erstens ist der Hauptrahmen asymmetrisch konstruiert, aus dem Oberrohr läuft links am Dämpfer vorbei eine Verbindungsstrebe zum Sitzrohr. Am Übergang dieser Strebe ist dabei die Umlenkwippe des als Eingelenker ausgelegten Hinterbaus montiert. Zweitens bietet Orbea zahlreiche Möglichkeiten zur Individualisierung. Primärfarbe, Sekundärfarbe, Schriftzugfarbe, Logofarbe: Wer möchte, kann die Optik seines Wunschbikes individuell gestalten, den eigenen Namen auf das Unterrohr schreiben oder die verbauten Komponenten in einem eingeschränkten Rahmen anpassen. Ein kleines Manko: Ganz frei ist die Wahl dabei nicht immer, der Orbea Schriftzug am Unterrohr kann z.B. nur in weiß, schwarz, anthrazit oder silber gesetzt werden. Schade eigentlich!

Orbea Rallon Seitenansicht

Schokoladenseite? Von rechts aus betrachtet hat man freie Sicht auf den Dämpfer.

Orbea Rallon Seitenansicht

Optisch frei konfigurierbar. Naja…fast frei.

Erfahrungsbericht Orbea Rallon

Durch meinen favorisierten Bikeshop in Rottach-Egern hatte ich die Möglichkeit, das Orbea Rallon für eine Woche zu testen. Mit Mitte November habe ich dabei die beste Zeit für einen Biketest am Tegernsee erwischt…nicht: Neblig, eiskalt und teilweise bereits überfroren präsentieren sich meine Hometrails. Diese äußeren Umstände haben das Rallon allerdings im wahrsten Sinne des Wortes kalt gelassen. Auch wenn man meinen könnte, dass das Öl in Gabel und Dämpfer bald hätte einfrieren müssen.

Im Testzeitraum hat sich das Orbea Rallon als Mountainbike mit insbesondere einer Qualität erwiesen: Drauf setzen, wohl fühlen. Hoch kletterte das Enduro auf seinen 29″ leichtgängig, wirkte eher wie ein Bike mit weniger Federweg und Gewicht. Erst bei Kletterpartien auf Straßen erinnerten die auf breiten 30mm Felgen montierten Maxxis Reifen mit ihrem Rollwiderstand daran, dass man auf einem potenten Endurobike mit viel Federweg sitzt. Kleine Wurzelpartien im Uphill? Kein Problem. Das kompakt ausfallende Rallon bekommt man über solche Hindernisse bequem manövriert. Dabei habe ich den verbauten Float X2 allerdings im Uphill vorzugsweise auf der „Firm“ Einstellung verwendet, offen wippt der Hinterbau wenig aber wahrnehmbar.

Das Fahrwerk des Rallon

Apropos X2: Die Abstimmung des mit einer Fox 36 Factory und Float X2 war schnell erledigt, die Komponenten fahre ich so auch an meinem Mondraker Dune, welches hier in regelmäßigen Abständen als Testbike für neue Komponenten herhalten muss. Nach den ersten Ausfahrten habe ich den Druck im Dämpfer jedoch im Vergleich ein wenig erhöht und sowohl High- als auch Lowspeed Zugstufe um ein paar Clicks erweitert. Dazu gesellte sich noch ein zwei Clicks schnellerer Rebound. Der Grund: Anfangs gab der Hinterbau hier bei etwa 30% Sag den Federweg allzu bereitwillig frei, reagierte stark auf Gewichtsverlagerungen und erholte sich bei mittleren Schlägen langsam.

Eine 100% perfekte Einstellung habe ich dabei im Testzeitraum nicht gefunden, erholte sich das Fahrwerk schnell von Schlägen, wirkte der Hinterbau gerade bei kleinen Schlägen nicht mehr sonderlich feinfühlig. Hier sei aber nochmal die Kälte während des Tests erwähnt: Möglich, dass dieses Problem bei warmen Frühlings- und Sommertagen gar keines mehr ist.

Orbea Rallon auf dem Trail

Auf dem Trail: Kleine Steinfelder wie hier bringen den Hinterbau des Orbea Rallon schnell ins Schwitzen.

Orbea Rallon Seitenansicht

Nochmal von der anderen Seite: Der asymmetrische Rahmen.

Welche Rahmengröße beim Rallon Orbea?

Was sich bei wärmeren Temperaturen allerdings nicht ändert, ist die gefühlte Kompaktheit des Bikes. Hier bin ich wahrscheinlich von der Forward Geometrie des Mondraker Dune schlichtweg anderes gewöhnt, aber es sei an dieser Stelle gesagt: Wer Wert auf Ruhe bei hohen Geschwindigkeiten legt, sollte das Orbea lieber eine Größe größer als gewohnt fahren. (Reach: S/M = 430 / L = 455 /  XL = 485). Mit meinen 1.85M Körpergröße hat das Rallon in Größe L so einen recht unruhigen Eindruck in schnellen und steilen Passagen hinterlassen. Auf der Plusseite steht dafür ein verspieltes Verhalten, mit dem Rallon an einer Kante abzuziehen macht verdammt viel Spaß, gerade bei Landungen wirkt das Fahrwerk nämlich wiederum sehr satt.

Fazit

Keine Frage, ein tolles Bike ist es, das Orbea Rallon. Optische Individualisierungsmöglichkeiten und ein breites Einsatzspektrum sprechen für das Bike. Die Kletterfähigkeiten erinnern in vielen Lebenslagen eher an ein Trailbike, dem Toureneinsatz steht damit nichts im Weg. Gerade wer hier einen Brückenschlag zwischen Trail und Endurobike sucht, wird das vom Rallon begeistert sein. Nach dem Erstkontakt mit diesem Enduro würde ich mir mehr Feinfühligkeit des Hinterbaus und Laufruhe wünschen, der Grundeindruck des Bikes ist jedoch positiv. Empfehlungen für alle Interessierten: Probefahren. Und zwar eher eine Rahmengröße mehr, als ihr bei anderen Herstellern wählen würdet . Euren nächsten Orbea Händler für eine Probefahrt findet ihr auf der Firmenwebsite von Orbea.