2.6 Zoll Mountainbikereifen

2.6 Zoll Mountainbikereifen – Ist das schon Plus?

29 Zoll Laufräder. 27.5 Zoll Laufräder. Fatbikes mit 4.8 Zoll Reifen. Fatbikes mit 4.0 Zoll Reifen. Plusreifen mit 3.0 Zoll Reifen. Plusreifen mit 2.8 Zoll Reifen. Zwischendrin noch breitere Achsen alias Boost Standard. Beim Thema Laufrad- und Reifengrößen treibt die Industrie aktuell jedes Jahr eine neue Kuh durch das Dorf – und jetzt komme noch ich daher und erzähle euch etwas von 2.6 Zoll Mountainbikereifen für klassische Mountainbikes?

Bevor ihr jetzt entnervt weiter klickt: Hiergeblieben! Denn die leicht pummligen Gummirollen haben sich schon nach zwei Wochen und 10000 Höhenmetern als beste Aufrüstung herausgestellt, die mein Mondraker Dune bisher sehen durfte.

Nachteile von Plusreifen

Starten wir mit ein wenig grauer Theorie: Wieso fährt eigentlich kein Profifahrer Plusreifen in Endurorennen oder beim Downhill? Die Antwort ergibt sich aus den Nachteilen von Reifen um die drei Zoll Breite – und die sind nicht zu knapp. Das offensichtlichste: Das Gewicht: Mehr Breite bedeutet mehr Gummi bedeutet mehr rotierende Masse, die von euren Beinen beschleunigt und den Berg hoch getreteten werden will. Die Pannensicherheit: Um das Problem mit dem Gewicht nicht vollkommen aus den Augen zu verlieren, bauen viele Hersteller Plus Reifen mit verhältnismäßig dünnen Aussenwänden und leichteren Karkassen, die dafür deutlich empfindlicher gegenüber Durchschlägen und Schnitten an der Aussenwand sind. Das Kurvenverhalten: Plusreifen bauen nicht nur breiter, sondern auch deutlich höher, als ihre normalgroßen Artverwandten. Das mehr an Volumen und niedrigere Luftdrücke führen in schnellen Kurvenfahrten gerne zu einem Wegknicken des Reifens. Jeder der einmal ein Fatbike mit wenig Reifendruck ausprobiert hat, kennt dieses Gefühl des „selbststeuernden Reifens“. Zusammengefasst: Der Profi wäre schlichtweg langsamer.

Vorteile von Plusreifen

Für den Durchschnittsbiker stehen die Vorteile des Plusformats im Vordergrund. Das Überrollverhalten: Das Mehr an Volumen lässt euch einfacher über Wurzeln und Steine rollen. Das gilt gerade bei langsamen Geschwindigkeiten, in denen die Federung des Mountainbikes nicht ihr volles Potenzial ausspielen kann. Der Grip: Die größere Auflagefläche macht es einfacher, zu balancieren und liefert beim Bremsen und auf steilen Uphills mehr Traktion. Plusreifen nehmen Wurzelteppichen ihren Schrecken. Das Selbstvertrauen: Zusammen ergeben diese Eigenschaften ein gesteigertes Selbstvertrauen für viele Biker.

Doch auch hier gilt: Das hohe Gewicht kostet Körner und schreckt so viele touren- und trailorientierte Fahrer ab.

2.6 Zoll Mountainbikereifen – das Beste aus beiden Welten?

2.6 Zoll Mountainbikereifen
2.6 Zoll Mountainbikereifen

Genau hier kommt das 2.6 Zoll Format ins Spiel. Aus Industriesicht soll es das Beste beider Welten vereinen. Mehr Volumen und mehr Grip auf den Trails als bei klassischen 2.3 Zoll Reifen, geringeres Gewicht als bei Plusreifen. Wieder einmal habe ich mich gefragt: Ist das leeres Marketinggewäsch oder hilft mir diese Reifenwahl, Schlüsselstellen auf Hometrails selbstbewusster und sicherer zu bewältigen?

Vor einem Umrüsten gilt es drei Fragen zu klären: 

  • Passen 2.6 Zoll breite Reifen in meine Gabel und meinen Hinterbau?
  • Sind meine Felgen breit genug für 2.6 Zoll Feifen?
  • Welche 2.6 Zoll Mountainbikereifen kaufe ich?

Die Frage nach der Reifenfreiheit beantwortet am besten euer Hersteller. Im Falle von meinem Mondraker Dune wurden – trotz fehlendem Booststandard – 2.6 Zoll breite Reifen auf Felgen mit 30mm Innenbreite als maximale Größe genannt, um auch bei schlammigen Bedingungen sicher durch die Kettenstreben zu passen. Zur Sicherheit habe es erstmal mit einem alternativen Laufradsatz ausprobiert.

Welche Felgenbreite für 2.6 Zoll Reifen?

Bei meinen Felgen sah es hier schlechter aus, 30-35mm werden als ideale Innenbreite für die dicken Reifen genannt, 28mm Innenbreite sollten es mindestens sein, um den Reifen sicher abzustützen. Meine 23mm Mavic Felgen fand ich ohnehin immer etwas zu schmal an einem Enduro – also wurde Weihnachten vorverlegt und in einen Satz 30 mm breiter Roval Traverse SL Carbonfelgen investiert.

Die passenden Reifen dazu? Mangels Lieferbarkeit von Maxxis Minions in 2.6 Zoll kamen Specialized Butcher und Purgatory in der weichen Gripton Mischung ans Rad.

Update 2018: Inzwischen habe ich auch 35 Millimeter Newmen folgen ausprobieren können. Erkenntnis: Der Unterschied zwischen 30 und 35 Millimeterfelgen ist eher zu vernachlässigen, die Reifen bauen hier nicht mehr deutlich breiter oder werden besser abgestützt. Maxxis Minions und Highroller sind inzwischen auch in mehreren breiten Varianten verfügbar. Da der breite Minion DHF im Gegensatz zu seinem schmaleren Brüdern häufig unkontrolliert am Vorderrad angefangen hat zu rutschen, hat sich meine Enduro Standardbereifung auf Butcher in 2.6 am Vorderrad und Maxxis Highroller 2.5 WT am Hinterrad verändert.

Fahreindrücke der 2.6er Bereifung

Günstig war das Umrüsten nicht und einige Gramm mehr rotierende Masse hat das Dune ebenfalls zugenommen. Hat es sich für mich gelohnt auf die dicken Reifen umzurüsten? Definitiv!

Meinen Luftdruck konnte ich bei fahrfertigen 90 Kilo um 0,2 – 0,3 Bar senken, auf steinigen und wurzligen Hometrails fahre ich so mit 1,1 Bar am Vorderrad und 1,3 Bar am Hinterrad. So lassen sich Hindernisse deutlich einfacher überrollen als zuvor. Die dicken Reifen wickeln sich schlichtweg um die Wurzeln und sorgen auch in steilem Gelände für ungewohnten Grip über technische Stellen. Seitliches Wegrutschen oder Abschmieren auf glatten Steinen? Fehlanzeige. Stattdessen vermittelt die Bereifung zu jeder Zeit Sicherheit und damit auch Selbstvertrauen.

Mein Schlüsselerlebnis hatte ich hier an einer Stelle eines Trails, dessen Wurzelstufen ich ein Jahr lang in weitem Bogen umfahren habe. Als ich hier das kleine Video anbei gedreht habe, war da plötzlich der Gedanke: Die Stelle ist doch kein Problem, fahr einfach drüber! Das gleiche Spiel am Blindseetrail: Steile, schroffe Steinplatten, vor denen ich zuvor abgestiegen bin, hatten jeden Schrecken verloren. Selbst in Bergaufstücken hält das Dune nun in ungeahnter Weise seinen Schwung und erklettert Wurzelteppiche spielend einfach. Einzig in tiefem Geröll schwimmen die dicken Reifen etwas schneller auf, bleiben dabei aber stets kontrollierbar und berechenbar.

Trägheit und höherer Kraftverbrauch durch das Mehrgewicht von etwa 150 Gramm pro Reifen? Laut Strava halte ich die Zeiten meiner Uphills konstant, auf bisherigen 50-60KM Touren mit etwa 1500 HM konnte ich keine frühere Ermüdung feststellen.

Fazit

Die 2.6 Zoll Bereifung hat mich sicher nicht zu einem besseren Biker gemacht. Aber Sie gibt mir mehr Selbstvertrauen, lässt mich seltener absteigen und beschert mir so ein deutliches Plus (No pun intended) an Spaß beim Fahren. Die Specialized Reifen Butcher 27.5×2.6 und Purgatory 27.5×2.6 liefern dabei die perfekte Kombination aus Grip, Dämpfung und Rollwiderstand für meine Zwecke. Für schnelle Fahrer, die es auf Bikeparkstrecken durch Anlieger fliegen lassen wollen, bleibt die klassische 2.3-2.4er Bereifung wahrscheinlich weiter erste Wahl. Alle die sich auf natürlichen Trails mit Steinen und Wurzeln mehr Sicherheit wünschen, sollten aber einmal einen näheren Blick auf die 2.6er Reifen werfen.

Habt ihr Fragen zu meinem Wechsel auf 2.6 Zoll Mountainbikereifen? Schreibt einen Kommentar oder meldet euch auf Instagram.